Der Countdown läuft: was bringt der Brexit für den Zoll?

Im Laufe des heutigen Tages wird das britische Unterhaus über das Brexit-Abkommen abstimmen. Die Entscheidung soll voraussichtlich am späten Abend fallen. Für den Fall eines harten Brexits (Austritt von Großbritannien ohne Austrittsabkommen) erwartet der BDZ einen erhöhten Abfertigungsaufwand vor allem an den internationalen Seehäfen sowie an den Flughäfen. Darüber hinaus geht der BDZ von einer erheblichen Steigerung der zollrechtlich abzufertigenden Warensendungen bei Zollämtern aus, in deren Region bislang Post- und Kurierdienstleister den Warenverkehr mit Großbritannien (GBR) abwickeln. Ab dem Zeitpunkt des Austritts von GBR – im Falle eines harten Brexits zum 30. März 2019 – gelten für den Warenverkehr mit GBR die allgemeinen zollrechtlichen Bestimmungen. Demzufolge müssen sich zahlreiche Wirtschaftsbeteiligte und Reisende, die bislang nicht mit dem Zoll in Kontakt gekommen sind, mit den Zollformalitäten und –vorschriften betraut machen. Ein zuvor nie dagewesenes Szenario für den Zoll!

Der Bundestag bewilligte der Zollverwaltung zwischenzeitlich 900 Planstellen für den Mehraufwand im Zusammenhang mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU. „Zu wenig“, kritisiert BDZ-Bundesvorsitzender Dieter Dewes, wenn man bedenkt, dass Großbritannien für Deutschland den drittwichtigsten Exportmarkt darstellt und Deutschland nach den USA der wichtigste Handelspartner für das Vereinigte Königreich ist. Die Zollverwaltung übernehme zwar nach einem Brexit keine neue Aufgabe, gleichwohl bedarf es einer nachhaltigeren Personalverstärkung bei den Zollämtern. Denn es ist ein offenes Geheimnis, das gerade die Zollabfertigung in den letzten Jahren aufgrund von Aufgabenpriorisierungen innerhalb des Zolls an Personalstärke sichtbar eingespart hat. Die 900 zusätzlichen Planstellen stehen am Anfang einer aufgabengerechten Personalverstärkung für den Fall des harten Brexits. Diese müssen schnellstmöglich mit ausgebildeten Zöllnerinnen und Zöllnern besetzt werden.

Verschiedene Austrittsszenarien möglich

Am 23. Juni 2016 votierten etwa 52 Prozent der Bürger des Vereinigten Königreichs in einem Referendum für einen Austritt aus der Europäischen Union. Am 29. März 2017 übergab Großbritannien das Austrittsersuchen an den EU-Ratspräsidenten. Dies hat zur Folge, dass mit dem Tag eines zu schließenden Austrittsabkommens oder spätestens zwei Jahre nach Mitteilung des Austrittsersuchens – somit zum 30. März 2019 – GBR die EU verlässt. Es sei denn, zwischen dem Europäischen Rat und GBR wird einstimmig eine Fristverlängerung beschlossen.

Im März 2018 einigte sich die EU und Großbritannien auf eine Übergangsphase bis Ende 2020, innerhalb derer das Vereinigte Königreich Teil der Zollunion bleibt und somit in zollrechtlicher Hinsicht als Mitgliedstaat der EU in Betracht kommt. Diese Übergangsphase ist jedoch Teil des zu schließenden Austrittsabkommens, das heute im britischen Unterhaus beraten wird. Erst nach Abschluss und Inkrafttreten des Austrittabkommens ist diese Übergangsphase rechtlich legitimiert.

Sollte das Austrittsabkommen scheitern und somit ein harter Brexit zum 29. März 2019 eintreten, werden alle Warenlieferungen aus oder in die EU zollrechtlich abgefertigt werden müssen. Tritt das Austrittsabkommen hingegen in Kraft, gilt ein Übergangszeitraum bis Ende 2020, innerhalb dessen beispielsweise weitere Verhandlungen zu Abkommen über einem möglichen Verbleib von Großbritannien in der Zollunion oder Freihandelsabkommen mit GBR geführt werden.

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