EuGH-Rechtsprechung zum Mindestjahresurlaub: BMI will BVerwG-Entscheidung abwarten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil vom 3. Mai 2012 (Aktenzeichen: C 337/10) entschieden, dass ein Beamter bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung hat, wenn er seinen Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub aus Krankheitsgründen ganz oder zum Teil nicht geltend machen konnte (wir berichteten). Das Bundesinnenministerium (BMI) hat jetzt mitgeteilt, dass es vor einer Entscheidung über entsprechende Anträge von Betroffenen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) abwartet.

Die Luxemburger Richter hatten mit ihrem Urteil einem Beamten einen Anspruch auf eine finanzielle Abfindung zugesprochen, den das deutsche Beamtenrecht bislang nicht vorsieht. Geklagt hatte ein Feuerwehrmann, der im Beamtenverhältnis bei der Stadt Frankfurt am Main beschäftigt war. Seit Juni 2007 war der Kläger wegen Krankheit dienstunfähig und trat mit Ablauf des Monats August 2009 in den Ruhestand. Nach den anwendbaren deutschen Rechtsvorschriften musste der Kläger seinen Urlaub grundsätzlich im Urlaubsjahr nehmen.

Die Luxemburger Richter führten die EU-Richtlinie 2003/88 an, die grundsätzlich für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche gelte, um bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer zu regeln. Nach dieser Richtlinie habe jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen.

Weiter betonte der EuGH, die EU-Richtlinie stehe einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die durch einen Übertragungszeitraum von neun Monaten, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlösche, den Anspruch eines in den Ruhestand tretenden Beamten auf Ansammlung der finanziellen Vergütungen für wegen Dienstunfähigkeit nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub beschränke.

Mit Rundschreiben vom 8. Juni 2012 stellt das BMI fest, die Entscheidung des EuGH betreffe einen Einzelfall, dem das hessische Landesrecht zu Grunde liege. Für den Bund sei im Urlaubsrecht eine Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs nicht geregelt. Der Bund habe bisher in ständiger Praxis die Auffassung vertreten, dass die hergebrachten Grundsätze des deutschen Berufsbeamtentums eine solche Regelung auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Europarechts zumindest nicht verlangten.

Das BMI wird daher zunächst die Entscheidung des BVerwG in einem ähnlich gelagerten Fall (Aktenzeichen: 2 C 10.12) abwarten, um zu erfahren, wie die Leipziger Richter das Urteil des EuGH bewerten. Danach soll auf Bundesebene über das weitere Vorgehen entschieden werden. Die Ressorts werden anschließend informiert.

In dem Rundschreiben des BMI heißt es weiter, dass zwischenzeitlich eingehende Anträge von Beamtinnen und Beamten auf Urlaubsabgeltung mit einem Zwischenbescheid beantwortet werden oder bei einem Entscheidungsverlangen unter Hinweis auf die geltende Rechtslage abgelehnt werden.

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